Nachdem im August 2008 bereits der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Abgabe von Medikamenten über Automaten in einer Eilentscheidung (vorerst) verboten hatte (siehe hierzu die Meldung vom 12.09.2008 in dieser Rubrik), sind nunmehr zwei weitere, sich widersprechende Entscheidungen zu dieser Frage ergangen.
Mit Urteil vom 02.09.2008 (11 K 4331/07) hat zunächst das Verwaltungsgericht Karlsruhe den Medikamentenverkauf mittels Automaten verboten (die Entscheidung kann im Volltext unter http://www.vgkarlsruhe.de abgerufen werden).
In diesem Fall konnte der Kunde sein Rezept über einen Scanner am Automaten einlesen lassen und erhielt das Medikament über einen Ausgabeschacht. Zuvor musste dieses von dem Apotheker freigegeben werden. Dieser stand mit dem Kunden mittels Videotelefon in Kontakt und konnte so auch beraten und weitere Informationen geben. Diese Form der Abgabe wurde allerdings vom zuständigen Regierungspräsidium untersagt. Die Klage des Apothekers blieb erfolglos.
Begründet wurde die Untersagung damit, dass nach den gültigen rechtlichen Vorschriften das Rezept dem Apotheker in Papierform vorgelegt werden müsse. Der Apotheker erhalte bei dem eingesetzten System dieses aber höchstens nachträglich. Damit sei es ihm nicht möglich – wie nach der Apothekenbetriebsordnung (ApoBetrO) gefordert – bei Abgabe des Medikaments bestimmte Angaben auf dem Originalrezept anzubringen. Zudem könne er nicht zuverlässig überprüfen, ob es sich bei der Verordnung eventuell um eine Fälschung handele. Das Gericht vertrat zudem die Auffassung, dass auch die Abgabe nicht verschreibungspflichtiger Medikamente unzulässig sei. Zwar käme hier grundsätzlich ein Verkauf über Automaten in Frage. Im konkreten Fall sei aber durch den Straßenlärm nicht gewährleistet, dass eine durchgehende Verständigung des Kunden mit dem Apotheker möglich sei.
Das Verwaltungsgerichts Mainz hat dagegen am 10.12.2008 (4 K 375/08.MZ) eben diese Art der Medikamentenabgabe für zulässig erklärt. Im Unterschied zu der Konstellation, über die das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu befinden hatte, verfügte der Medikamentenautomat hier über einen Drucker, der es dem Apotheker ermöglichte, direkt auf dem Originalrezept die gesetzlich vorgeschriebenen Angaben zu vermerken.
Anders als das Verwaltungsgericht Karlsruhe sahen es die Mainzer Richter im Übrigen nicht als erforderlich an, dass der Apotheker die Verordnung auch körperlich in den Händen halte. Eventuelle Manipulationen ließen sich auch mit hinreichender Sicherheit über das Videotelefon erkennen. Wie auch beim Medikamentenversandhandel sei es nicht mehr erforderlich, dass dem Kunden die Arznei auch persönlich übergeben werde.
Die beiden Entscheidungen zeigen, welche Rechtsunsicherheit derzeit noch bei der Einführung neuer Vertriebs- und Abgabewege bestehen. Eine einheitliche Linie ist in der Rechtsprechung nicht zu erkennen, weshalb weitere Rechtsstreitigkeiten und Gerichtsentscheidungen vorprogrammiert sind. Eine endgültige Klärung wird wohl nur das Bundesverwaltungsgericht herbeiführen können. Gegebenenfalls wird auch der Gesetzgeber reagieren. Sollten die Gerichte mehrheitlich die Abgabe durch Automaten verbieten, erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass die einschlägigen Rechtsvorschriften liberalisiert werden und die Abgabe über Automaten künftig ermöglicht wird.
Rechtsanwalt Alexander T. Schäfer www.atsrecht.de
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