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Dr. Alexander T. Schäfer ist als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht in der Sozietät HKB Rechtsanwälte in Frankfurt am Main. Er ist vorwiegend auf dem Gebiet des Medizin- und Personenschadensrecht tätig. Mehr Informationen gibt es unter www.atsrecht.de

Lebenslange Nummer für Ärzte

Für Ärzte und Zahnärzte, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, hat sich seit dem 01.07.2008 einiges geändert. Als Folge des Vertragsarztrechtänderungsgesetzes sind mit dem 3. Quartal 2008 die bisherigen Arztnummern durch eine neue Arztnummer (LANR) und Betriebsstellennummer (BSNR) ersetzt worden.

Das besondere an diesen Nummer ist, dass sie dauerhaft, auf Lebenszeit vergeben werden.Über die Betriebsstellennummer werden die Leistungen eines Arztes der jeweiligen Praxis zugeordnet. Für Neben-Betriebsstätten wird eine eigene Nummer vergeben.

Die Betriebsstellennummer ersetzt bei der Abrechnung mit den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) die bisherige Arztnummer.Des Weiteren ist der Arzt nunmehr verpflichtet, seine Leistungen – etwa Medikamentenverordnungen –  mit seiner Arztnummer zu kennzeichnen um somit eine klare Zuordnung zu ermöglichen.

Allen Ärzten ist zu raten, genau auf die Einhaltung dieser neuen Regelungen zu achten, um spätere Beanstandungen der Abrechnungen zu vermeiden.

Rechtsanwalt Alexander T. Schäfer

Medizinrecht & Schadensmanagement | Frankfurt am Main

Gewerbesteuerpflicht für Ärzte und Zahnärzte

In einem neueren Urteil hat der Bundesfinanzhof (BFH) am 08.04.2008 (VIII R 73/05) die bisherige Rechtsprechung zum sogenannten Abfärbeprinzip des § 15 Abs. 3 S. 1 EStG bestätigt. Danach unterfallen auch die Einkommen von Freiberuflern der Gewerbesteuer, wenn die freiberufliche Tätigkeit unter Beteiligung Dritter erfolgt, die gewerbesteuerpflichtig sind. In diesem Fall werden auch die Einnahmen der Freiberufler von der Gewerbesteuer „infiziert“.

Der Entscheidung des BFH lag ein Fall zugrunde, bei welchem an einer Rechtsanwaltssozietät eine GmbH als Gesellschafterin beteiligt war. Da diese nicht die Voraussetzungen für die Annahme einer freiberuflichen Tätigkeit erfüllte, waren ihre Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb anzusehen. Damit trat die Folge des § 15 Abs. 3 S. 1 EStG in Kraft, wonach folglich alle Gesellschafter der Sozietät Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielten.

Die dabei zu entscheidenden Fragen gelten auch für andere Freiberufler, etwa die Ärzte, und müssen deshalb auf deren spezifische Beteiligungsformen, etwa Zusammenschlüsse im Rahmen eines medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) unter Beteiligung von juristischen Personen, übertragen werden.

Der BFH hat zwei wichtige Aspekte herausgestellt. Zum eine wird die Wirkung des § 15 Abs. 3 S. 1 EStG nicht dadurch abgeschwächt, dass an der (gewerbesteuerpflichtigen) GmbH selbst nur Freiberufler beteiligt sind. Denn insoweit kommt es alleine auf die ausgeübte Tätigkeit und nicht einen abstrakten Berufsstatus an. Um die Merkmale eines freien Berufes zu erfüllen, müssen die Gesellschafter – jedenfalls bezogen auf ihren Bereich – leitend und eigenverantwortlich tätig sein. Dies wird aber nicht erfüllt, wenn wie hier durch die GmbH eine rein kapitalmäßige Beteiligung wahrgenommen wurde und sich die Tätigkeit auf das Beschaffen von Aufträgen beschränkte.

Zum anderen kommt es nach dem BFH auch nicht darauf an, ob die beteiligte Gesellschaft als solche nach außen hin auftritt. Es genügt bereits, wenn sie als reine Innengesellschaft besteht. Eine andere Bewertung wäre vorliegend nur dann möglich gewesen, wenn die GmbH zwar als Gesellschafterin der Sozietät, nicht aber als Mitunternehmerin im Sinne des EStG anzusehen gewesen wäre. Diese Mitunternehmerstellung hängt von der Teilnahme an der Mitunternehmerinitiative und dem Mitunternehmerrisiko ab, was vorliegend beides bejaht wurde.

Die Entscheidung kann im Volltext unter http://www.bundesfinanzhof.de abgerufen werden.

Rechtsanwalt Alexander T. Schäfer

Medizinrecht & Schadensmanagement | Frankfurt am Main

Ehepartner haften mit

Nach einer nur wenig bekannten Bestimmung des BGB werden Ehepartner bei Verträgen gemeinsam berechtigt und verpflichtet, auch wenn nur einer das Geschäfts tatsächlich abschließt. Denn nach § 1357 Abs. 1 BGB haften Eheleute für die vom anderen Partner abgeschlossenen Verträge mit, wenn diese sich auf ein „Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie“ beziehen.

Noch weniger bekannt ist, dass nach der überwiegenden Rechtsprechung dazu auch Arzt- und Krankenhausverträge gehören. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich um medizinisch indizierte Leistungen handelt.

Das OLG Nürnberg hat diese Rechtsprechung jüngst in einem Urteil vom 08.02.2008 (5 U 1795/05) bestätigt. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Ehemann stationär eine Prostataresektion vornehmen lassen. Auch hier sah das Gericht die Verpflichtung aus § 1357 Abs. 1 BGB als gegeben an und verurteilte deshalb auch die Ehefrau zur Begleichung der ärztlichen Honorarrechnungen.

Anders sieht es dagegen bei medizinisch nicht notwendigen Behandlungen aus. Hier ist in der Regel davon auszugehen, dass nur der die Behandlung erhaltene Ehepartner auch zur Zahlung der Vergütung für den Arzt oder das Krankenhaus verpflichtet wird. Aber auch hier kommt es auf den Einzelfall an. So berücksichtigen die Gerichte mitunter auch das Familieneinkommen und den Lebensstandard. Je höher der Verdienst ist, desto eher wird man auch in einer ärztlichen Behandlung eine Geschäfts zur Deckung des Lebensbedarf sehen können.

Will ein Ehepartner dagegen seine Mithaftung ausschließen, muss er dies regelmäßig gegenüber dem Arzt explizit Kund tun. Ob dies in der Praxis praktikabel ist, erscheint allerdings äußerst zweifelhaft.
Rechtsanwalt Alexander T. Schäfer

Medizinrecht & Schadensmanagement | Frankfurt am Main

8.000 Arzthomepages abgemahnt

Nach einer Studie der Stiftung Gesundheit sind bisher deutschlandweit über 8.000 Webseiten von Arzt- und Psychotherapeutenpraxen wegen Rechtsverstößen abgemahnt worden.

Bei den abgemahnten Seiten handelte sich oftmals um Homepages, die schon gegen grundlegende Regeln des Internetrechts, wie etwa den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Impressum, verstießen. Der dadurch entstandene Schaden ist beträchtlich, da durch Abmahnungen Kosten von jeweils 1.000,00 € oder mehr auf den Verantwortlichen zukommen.

Anmerkung:

Teure Abmahnungen sind zumeist die Folge von Unwissenheit oder Desinteresse. Vielen ist oftmals nicht bewusst, dass auch im Internet die gleichen gesetzlichen Bestimmungen gelten wie sonst auch und zudem spezielle Rechtsvorschriften existieren. Dabei ist es naiv zu glauben, man werde nur dann abgemahnt, wenn man anderen auch schaden. Mittlerweile gibt es eine Reihe von Rechtsanwälten, die gezielt nach Verstößen fahnden und sich dann erst einen „geschädigten“ Konkurrenten suchen, der sie zur Abmahnung berechtigt. Daneben existieren Vereine, die sich die Einhaltung von Wettbewerbsbestimmungen zum Satzungszweck gemacht haben und allein deshalb zur Abmahnung berechtigt sind.

Dabei lassen sich teure Abmahnungen oft leicht vermeiden. So sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass der Namen des Verantwortlichen und dessen Kontaktdaten auch auf seiner Internetpräsenz zu finden sind. Die grundlegenden Bestimmungen hierüber lassen sich im Telemediengesetz (TMG), dem Nachfolger des Teledienstegestzes (TDG), finden.

Schwieriger wird es bei den speziellen Regelungen zum Werberecht. Hier gehören unter anderem das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), das Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) sowie – für Ärzte und andere Gesundheitsdienstleister besonders interessant – das Gesetz über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesen (HWG). Daneben ist auch immer an die Anforderungen des jeweiligen Berufs- und Standesrechts (Berufsordnungen) sowie die Landes-Heilberufsgesetze zu denken.

Wer hier auf „Nummer sicher“ gehen will, wird an einer professionellen Beratung nicht vorbeikommen. Ansonsten sollten wenigstens der Urheber eine Homepage erkennbar und erreichbar sein und bei Werbeaussagen und Versprechungen eine gesunde Zurückhaltung an den Tag gelegt werden.

Rechtsanwalt Alexander T. Schäfer
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Harte Strafen für Arzt wegen unerlaubter Drogenabgabe

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Urteil vom 04.06.2008 (2 StR 577/07) die erstinstanzliche Verurteilung eines Arztes durch das Landgericht Hanau zu vier Jahren Freiheitsstrafe und fünfjährigem Berufsverbot bestätigt.

Der Arzt war vor dem Landgericht von der Staatsanwaltschaft angeklagt worden, da er in weit über hundert Fällen gegen die Bestimmungen des Betäubungsmittelrechts verstoßen hatte. Dabei war ein Mensch zu Tode gekommen. Die Tatsacheninstanz hatte den Doktor deshalb wegen fahrlässiger Tötung und vielfachen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) verurteilt. Neben der Strafe verhängte es ein Berufsverbot in Bezug auf eine Tätigkeit als Substitutionsarzt.

Der Mediziner, der als Substitutionsarzt tätig war, hatte in seiner Praxis eine erhebliche Anzahl von drogenabhängigen Patienten betreut. Diesen verschrieb er – zum Teil als Privatrezept – Betäubungsmittel, die unter das BtMG fielen. Eine Erlaubnis zum Verkehr mit Betäubungsmitteln nach § 3 BtMG hatte er hierfür nicht.

Des Weiteren beachtete er bei der Abgabe der Medikamente an die Drogenabhängigen eine Vielzahl von Bestimmungen des Betäubungsmittelrechts nicht. So wurden keine körperlichen Untersuchungen durchgeführt, eine Kontrolle eines möglichen Beikonsums anderer Drogen unterblieb ebenfalls. Auch erhielten seine Patienten große Mengen des fraglichen Medikaments zur freien Verfügung mit nach Hause.

Einer der vom Angeklagten betreuten Abhängigen injizierte sich die, zur oralen Einnahme gedachten, Wirkstoffe und verstarb daran.

Der BGH macht deutlich, dass auch Substitutionsärzte gegen das Betäubungsmittelrecht verstoßen können. Zwar enthält das BtMG Ausnahmen von der Erlaubnispflicht, etwa zum Zwecke der ärztlichen Verschreibung. Ein Arzt darf die Erlaubnispflicht zum Verkehr mit Betäubungsmittel nicht dadurch umgehen, dass er – quasi unter dem Deckmantel ärztlicher Tätigkeit – mit Präparaten verkehrt, ohne dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Verordnung und Abgabe vorliegen.

Im vorliegenden Fall waren die Verordnungen nämlich aus medizinischer Sicht nicht indiziert. Die Überlassung der Medikamente an die drogensüchtigen Patienten stellte sich damit nicht mehr als Substitutionsbehandlung nach den Regeln der ärztlichen Kunst dar.

Insoweit genügen die bloße Stellung als Arzt und die Abgabe im Rahmen einer ärztlichen Tätigkeit allein keineswegs, um der Erlaubnispflicht und damit einer Bestrafung wegen eines Verstoßes gegen das BtMG zu entgehen. Vielmehr muss die ärztliche Tätigkeit auch materiell, das heißt inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen genügen. Diese verlangen aber, dass eine medizinische Notwendigkeit dafür gegeben ist und die Behandlung auch lege artis durchgeführt wird.

Hier handelt der Arzt erkennbar missbräuchlich und wider besseres (medizinisches) Wissen. Zudem konnte er erkennen, dass die Drogensüchtigen die ihnen überlassenen Präparate missbrauchen, also in zu hoher Dosis und intravenös injiziert einnehmen werden, und sich damit in Lebensgefahr bringen würden.

Die Entscheidung kann im Volltext hier abgerufen werden.

Anmerkung:

Das Urteil macht auf eine oftmals unbeachtete Problematik aufmerksam. Die verbotene Substitution von Drogenabhängigen mit Ersatzpräparaten durch Ärzte ist leider keine Seltenheit. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Oftmals mag der Wille zur tatsächlichen Hilfe im Vordergrund stehen. Andere nutzen den Weg der Verschreibung um sich die schwierigen, oftmals auch aggressiven süchtigen Patienten fern zu halten.

Dabei wird jedoch übersehen, dass sich die Abhängigen meist gleichzeitig bei mehreren Ärzten versorgen und die Medikamente auch häufig zusammen mit anderen Drogen und in überhöhter Dosis konsumieren. Zudem wird mit den erhaltenen Wirkstoffen ein Handel getrieben.

Für den Arzt kann ein derartiges Verhalten dramatische strafrechtliche als auch berufsrechtliche Konsequenzen haben. Neben einer (langjährigen) Haftstrafe droht dabei auch das (zeitweise) Berufsverbot oder gar der Entzug der Approbation.

Dabei darf nicht unterschätzt werden, dass das deutsche Recht für Verstöße gegen das Betäubungsmittelrecht empfindliche Strafen vorsieht und die Gerichte nicht davor zurückscheuen, auch gegenüber Ersttätern harte Sanktionen auszusprechen.

Rechtsanwalt Alexander T. Schäfer
Medizinrecht & Schadensmanagement | Frankfurt am Main

Kein Arzthaftungsprozess ohne Sachverständigengutachten

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Beschluss vom 06.05.2008 (VI ZR 250/07) die bisherige Linie der Rechtsprechung bestätigt, wonach die Gerichte medizinische Sachverhaltsfragen durch die Beauftragung von Gutachtern zu beantworten haben.

Im vorliegenden Fall hatte das Berufungsgericht eine Entscheidung allein auf der Basis eines Gutachtens aus einem vorprozessualen Schlichtungsverfahren entschieden. Eine weitergehende, eigene Aufklärung der streitigen Fragen war nicht erfolgt.

Grundlage der Entscheidung des BGH war damit die Frage, ob die Gerichte sich mit der Verwertung eines (außergerichtlich) eingeholten Sachverständigengutachtens begnügen dürfen oder das Geschehen selbst durch Einschaltung eigener Gutachter aufklären müssen.

Der Bundesgerichtshof hat Letzteres bejaht und das Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Damit muss das Berufungsgericht – nunmehr nach Beweiserhebung durch Sachverständigenurteil – die Angelegenheit neu entscheiden.

Unstreitig besteht zwar für die Gerichte die Möglichkeit, auch „fremde“ Expertisen im Prozess zu verwerten. Dies gilt ausdrücklich für gerichtlich oder staatsanwaltschaftlich eingeholte Gutachten. Auch sonstige Untersuchungen können im Wege des Urkundsbeweises gewürdigt werden. Dies entbindet die Gerichte aber nicht von ihrer Pflicht, den Sachverhalt selbst zu ermitteln, wenn nur dadurch offene Fragen geklärt werden können.

Der Bundesgerichtshof hat zudem in früheren Entscheidungen klar gestellt, dass auch eigene Sachkunde die Richter nicht von der Pflicht zur Begutachtung durch zu beauftragende Dritte entbindet.

Der Beschluss bestätigt die bekannten, hohen Anforderungen an die Aufklärungspflicht der Zivilgerichte im Arzthaftungsverfahren. In Abweichung von den üblichen, im Parteiprozess geltenden Maßstäben, obliegt den Richtern bei Fragen ärztlicher Kunstfehler eine Art „Amtsaufklärungspflicht“, die ihnen eine strenge Pflicht zur Sachverhaltsklärung auferlegt.

Die Entscheidung kann im Volltext hier abgerufen werden.

Rechtsanwalt Alexander T. Schäfer
Medizinrecht & Schadensmanagement | Frankfurt am Main

Chefarzt muss selbst operieren

Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz hat in einer Entscheidung vom 21.02.2008 (5 U 1309/07) die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) bestätigt, wonach der Chefarzt die vereinbarte Chefarzt-Behandlung selbst erbringen muss und diese nicht auf andere Personen delegieren darf.

Bereits im Dezember 2007 hatte der BGH für den Fall einer Wahlleistungsvereinbarung eines gesetzlich versicherten Patienten über eine chefärztliche Heilbehandlung geurteilt, dass der Chefarzt diese Tätigkeit nicht ohne ausdrückliche Zustimmung des Patienten auf einen anderen Krankenhausarzt delegieren darf.

Der vorliegende Fall betraf eine kosmetische Operation. Die Klägerin hatte in der Klinik des beklagten Chefarztes unter anderem eine Bauchdeckenplastik vornehmen lassen. Den Kontakt zur Klinik hatte sie über die Internetpräsentation dieser gefunden. Darin war ausdrücklich damit geworben worden, dass sich der Patient „seinen“ Operateur selbst aussuchen kann.

Die Klägerin nahm verschiedene Beratungs- und Vorbereitungstermine in der Klinik wahr und entschied sich für die beabsichtigte Schönheitsoperation. Diese wurde entgegen der Erwartung der Klägerin nicht vom Chefarzt, sondern einem anderen Arzt des Krankenhauses durchgeführt. Nachdem die Klägerin dies erfahren hatte, verlangte sie die Rückzahlung des kompletten Honorars. Der Eingriff selbst war ohne Probleme verlaufen.

Das OLG gab der Klägerin nunmehr Recht. Nach Ansicht der Richter hatte der Chefarzt keinen Anspruch auf die vereinbarte Vergütung, da die Klägerin nicht die geschuldete Leistung – nämlich Operation durch den Beklagten – erhalten habe und diese Leistung nunmehr unmöglich geworden war. Der Chefarzt war damit verpflichtet diese zurückzuzahlen. Lediglich die Kosten für den Anästhesisten mussten nicht zurückerstattet werden.

Das OLG hat damit eine Grundsatzentscheidung des BGH umgesetzt. Dieser hatte entschieden, dass die in Wahlleistungsvereinbarungen oftmals zu findende Klausel, wonach die vereinbarte Chefarztbehandlung auch durch andere Ärzte erfolgen darf, unwirksam sei, solange es sich nicht um die Vertretung bei unvorhergesehener Verhinderung handelt.

Das OLG sah – anders als die Vorinstanz – auch kein Recht zum Behalten des Honorars aufgrund der im Ergebnis gelungen Operation. Denn die Klägerin habe ihre vertragliche Bindung und ihre Einwilligung zum Eingriff ausdrücklich nur gegenüber dem Chefarzt erklärt. Da dieser sich bewusst dazu entschlossen habe, die Leistung vertragswidrig durch einen anderen erbringen zu lassen, sei er auch nicht schutzwürdig. Dies gelte auch dann, wenn die Klägerin damit die ärztliche Leistung im Ergebnis nahezu umsonst erhalte.

Rechtsanwalt Alexander T. Schäfer

Medzinrecht & Schadensmanagement | Frankfurt am Main

Rückzahlungsanspruch bei mangelhaftem Zahnersatz

Das Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) hat in einem neuen Urteil vom 27.02.2008 (8 O 2512/06) die bisherige Rechtsprechung zum Mängelgewährleistungsrecht bei festsitzendem Zahnersatz bestätigt und zudem weitere Grundsätze bei behandlungsfehlerhaften Leistungen bestätigt.

Geklagt hatte eine ehemalige Patientin eines Zahnarztes. Diese hatte Zahnersatz in Form von Brücken erhalten. Sie trug diese zunächst beschwerdefrei. Nach einigen Monaten fiel eine Brücke jedoch heraus. Sie suchte daraufhin einen anderen Zahnarzt auf, der verschiedene Mängel an der Brückenversorgung feststellte. Die privat versicherte Klägerin forderte daraufhin vom beklagten Zahnarzt die geleistete Vergütung zurück. Dieser bestritt die Mängel, bot aber später eine Nachbehandlung an. Dies hat wiederum die Klägerin abgelehnt.

Das OLG hat – nachdem der Prozess das Vorliegen der behaupteten Mängel tatsächlich bestätigte – den Zahnarzt zur Rückzahlung des Honorars verurteilt.

Das Gericht bestätigt damit die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass auch der auf eine Versorgung mit festsitzendem Zahnersatz gerichtete Vertrag ein Dienstvertrag ist. Das Gewährleistungsrecht des Werkvertragsrechts findet deshalb darauf keine Anwendung. Bei fehlerhafter Versorgung gelten stattdessen diejenigen Regelungen, die auch beim ärztlichen Behandlungsfehler Anwendung finden.

Der Patient hat damit die Möglichkeit entweder die Kosten ersetzt zu verlangen, die ihm durch die Beseitigung der Mängel entstanden sind oder – wenn der Zahnersatz gänzlich unbrauchbar ist – die Rückzahlung des Honorars zu verlangen. Letzteres ist immer dann möglich, wenn der Zahnersatz nicht nachgebessert werden kann, sondern neu angefertigt werden muss.

Die Richter stellten in der Begründung weiter fest, dass dem Zahnarzt keine Möglichkeit zur Nachbesserung gegeben werden muss. Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – das Behandlungsverhältnis schon beendet war, als sich die Mängel zeigten. In diesem Fall kann aber auch der Patient keine Nachbesserung mehr erlangen.

Nur ausnahmsweise ist der Patient aus Gründen der ihm obliegenden Schadensminderungspflicht verpflichtet, dem Zahnarzt Gelegenheit zur Mängelbeseitigung zu geben. Im vorliegenden Fall stand dies aber außer Frage, da der Zahnarzt zunächst jeglichen Fehler bestritten hatte.

Die Entscheidung kann im Volltext hier abgerufen werden.

Rechtsanwalt Alexander T. Schäfer

Medizinrecht & Schadensmanagement | Frankfurt am Main

Neue Entscheidung zu Patientenverfügungen

Das Amtsgericht Siegen hat in einem Beschluss vom 28.09.2007 (33 XVII B 710) die Anforderungen an die Wirksamkeit einer Patientenverfügung konkretisiert.

Im vorliegenden Fall ging es um eine demenzkranke Patientin. Diese hatte in einer Patientenverfügung bestimmt, dass sie „im Falle einer ernsthafen, lebensbedrohlichen Erkrankung, keine lebensverlängernden Maßnahmen (…) haben möchte.“ In einer weiteren festgehaltenen Aussage hatte sie erklärt, „keine lebensverlängernden Maßnahmen“ zu wünschen, wenn ein „menschenwürdiges Weiterleben“ nicht mehr gewährleistet sei.

Später erkrankte die Patientin so schwer, dass eigenverantwortliche Entscheidungen nicht mehr möglich waren. Das Gericht hatte nun über die Frage zu entscheiden, ob die Betreuerin der schwerkranken Frau die lebensverlängernden Maßnahmen, hier durch künstliche Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr, beenden durfte.

Das Gericht bestimmte, dass die Patientin weiterhin künstlich zu ernähren und mit Flüssigkeit zu versorgen sei. Dabei hat es zwei wichtige Gesichtspunkte berücksichtigt. In ausdrücklichem Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vertritt das Amtsgericht die Auffassung, dass es nicht darauf ankommen kann, ob eine Krankheit einen irreversiblen, tödlichen Verlauf genommen habe, da diese Ansicht nicht mit den Grundrechten auf Selbstbestimmung und körperliche Unversehrheit vereinbar sei. Jeder habe das Recht, sich selbst zu gefährden oder auch notwendige medizinische Maßnahmen zurückzuweisen.

Dennoch sah das Gericht hier keinen Grund, die Beendigung der lebensverlängernden Maßnahmen zuzulassen. Die in der Patientenverfügung getroffenen Bestimmungen „lebenserhaltende Maßnahmen“ und „menschenwürdiges Weiterleben“ sein zu unbestimmt und müssten daher im konkreten Fall ausgelegt werden. Im vorliegenden Fall sei es dabei nicht gelungen, zu ermitteln, wie die kranke Frau diese Begrifflichkeiten verstanden wissen wollte.

Zudem hatte Gericht Zweifel, ob die schwere Demenzerkrankung von der Patientin als ernsthafte und lebensbedrohliche Erkrankung gewertet werden kann.

Insgesamt sei der mutmaßliche Wille der Patientin somit nicht zu ermitteln gewesen. Hierfür wäre es erforderlich gewesen, dass sich ihre Lebensentscheidungen, Wervorstellungen und Überzeugungen genau genug feststellen lassen hätten, um jeden vernünftigen Zweifel auszuschließen, wie die Frau selbst entscheiden würde, wenn sie ihren Willen noch äußern könnte. Das Gericht sah sich deshalb gezwungen, dem Lebensschutz Vorrang einzuräumen.

Die Entscheidung kann im Volltext hier abgerufen werden.

Anmerkung:

Die Entscheidung weist zwei wichtige Aspekte auf, die es näher zu untersuchen gilt. Zum einen führt das Gericht überzeugend aus, dass es für die Frage des Selbstbestimmungsrechts eines Patienten nicht darauf ankommen kann, dass bereits ein unumkehrbarer Prozess des Sterbens eingesetzt hat. Jeder Mensch kann, wenn er im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist, die Annahme ärztliche Hilfe verweigern, auch wenn dies seinen Tod bedeutet. Dies ist die logische Konsequenz des Selbstbestimmungsrecht und letztlich auch Ausfluss der verfassungsrechtlich geschützten Menschenwürde. Insoweit darf niemand gegen seinen Willen zum Leben gezwungen werden.

Auf der anderen Seite ist der Staat verpflichtet das Leben zu schützen und gefährdeten Personen, wie zum Beispiel Kranken, beizustehen. Hiervon darf und muss er nur dann Abstand nehmen, wenn kein Zweifel besteht, dass die Person in der konkreten Situation nicht mehr weiterleben möchte. Diesen Willen muss er dann respektieren.

Die Schwierigkeit besteht darin, diesen (mutmaßlichen) Willen dann zu ermitteln, wenn der Betroffene ihn nicht mehr selbst äußern kann. Dies kann bei Komapatienten oder eben wie hier auch bei Demenzkranken der Fall sein.

Die Entscheidung zeigt auf, wie hoch die Anforderungen an eine Patientenverfügung sind. Es genügt eben nicht, den Wunsch sterben gelassen zu werden nur abstrakt zu formulieren. In der Patientenverfügung muss klar zum Vorschein kommen, dass sich der Patient mit der Möglichkeit des Sterbens und der Situation, in der er seinen Willen nicht mehr selbst äußern kann, hinreichend auseinandergesetzt hat. Es muss klar werden, unter welchen Umständen der Verfügende nicht mehr von einem meschenwürdigen Leben ausgeht und deshalb auf lebenserhaltende- oder -verlängernde Maßnahmen verzichtet.

Es erscheint daher ratsam, in der Patientenverfügung eine Erklärung aufzunehmen, aus der sich ergibt, welche Umstände als unabdingbar angesehen werden, um das Leben noch als menschenwürdige Existenz zu begreifen. Genauso wichtig ist es, dass dies der Verfügende auch gegenüber seinen Angehörigen und Freunden äußert und mit diesen bespricht. Insoweit kann deren Aussage bei einer möglichen späteren gerichtlichen Entscheidung große Bedeutung beikommen.

Rechtsanwalt Alexander T. Schäfer

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Feststellung des kollektiven Zulassungsverzichtes ist bindend

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat in einem noch nicht rechtskräftigen Urteil vom 09.04.2008 (L 3 KA 146/06) das Begehren einer Zahnärztin auf Wiederzulassung zum vertragsärztlichen Versorgung zurückgewiesen.

Bei der klagenden Partei handelte es sich um eine Fachzahnärztin für Kieferorthopädie. Diese hatte 2004 ihre Zulassung zur Versorgung gesetzlich Versicherter als Vertragsärztin (früher: Kassenärztin) zurückgegeben. In der Folge hatte die zuständige Behörde festgestellt, dass der Zulassungsverzicht im Verbund mit vielen anderen Zahnärzten erfolgt war (sogenannter kollektiver Zulassungsverzicht) und dadurch die Sicherstellung der Versorgung der gesetzlich Versicherten durch die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen (KV/KZV) nicht mehr gegeben war mit der Folge, dass der Sicherstellungsauftrag wieder auf die Krankenkassen zurückgefallen war.

Hinter derartigen, gemeinschaftlichen Zulassungsrückgaben steht oftmals die Absicht der (Zahn)Ärzte, die Behandlung nach § 72a SGB V direkt mit den Krankenkassen abrechnen zu können und dabei eine höhere Vergütung zu erzielen als bei einer Vergütung nach Punktmengen durch die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung. Sofern der Zulassungsverzicht jedoch von mehreren (Zahn)Ärzten abgestimmt erfolgt, ist nach § 95b SGB V der Vergütungsanspruch gegenüber den Krankenkassen auf den 1,0fachen Satz nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) und der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) begrenzt. Folge eines derartigen Zulassungsverzichts ist zudem, dass eine Wiederzulassung zur vertragsärztlichen Versorgung frühestens nach dem Ablauf von sechs Jahren seit dem Verzicht erfolgen kann.

Die Klage richtete sich nunmehr gegen die behördliche Feststellung, dass der Zulassungsverzicht in einem von mehreren Zahnärzten aufeinander abgestimmten Verfahren erfolgt ist und deshalb eine Gebührenbegrenzung und Wiederzulassungssperre bestehe. Die Klägerin argumentierte, ihr Zulassungsverzicht sei allein Ergebnis eigener, persönlicher Überlegungen. Überdies sein die betreffenden Vorschriften verfassungswidrig, da sie unangemessen in die grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit aus Art. 12 GG der Klägerin eingriffen.

Das LSG hat diese Bedenken nicht geteilt. Das Gericht sah keine Möglichkeit für die Klägerin, die behördliche Feststellung überprüfen zu lassen. Es hält die Regelungen zudem für verfassungsgemäß, da der ganz überwiegende Teil der Bevölkerung gesetzlich krankenversichert ist. Die Aufrechterhaltung einer funktionierenden und finanzierbaren gesetzlichen Krankenversicherung sei als besonders wichtiges Gemeingut bereits vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anerkannt worden. Dies erfordere es, dass sich die Wirkungen der Gebührenbegrenzung und der Wiederzulassungssperre unmittelbar aus der Feststellung des Übergangs der Sicherstellung auf die Krankenkassen aufgrund kollektiven Zulassungsverzichts ergäben und nicht mehr im den einzelnen Wiederzulassungsverfahren angegriffen werden könnten.

Das Urteil kann im Volltext hier abgerufen werden.

Rechtsanwalt Alexander T. Schäfer

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